Qualitative Diagnostik

Kinder mit Dyskalkulie weisen häufig erhebliche Probleme in unserem Stellenwertverständnis auf.
Für eine gezielte Hilfe müssen die Probleme des Kindes genau untersucht werden.

Die Methode der Diagnostik von Rechenschwäche beruht grundsätzlich auf einem Vergleich subjektiver Rechenleistungen und objektiver Anforderungen des mathematischen Gegenstandes in verschiedenen Zusammenhängen.

Qualitative Diagnostik ermittelt die subjektiven Rechenstrategien der Schüler.

Hierfür gibt es eine Reihe von standardisierten Tests. Diese Tests haben jedoch den Mangel, dass sie rein ergebnisorientiert sind, d.h. sie grenzen die Fehleranalyse in hohem Maße ein, indem sie lediglich richtige von falschen Ergebnissen selektieren, anschließend quantifizieren und die so gewonnene Quote einem feststehenden Auswertungsschlüssel unterwerfen. Konkretistische Rechentechniken bleiben dabei gänzlich unbewertet. Derartige Diagnosen sind im Kern wie Klassenarbeiten und genügen insbesondere den Anforderungen einer auf lerntherapeutische Intervention ausgerichteten Testung nicht.

Überwinden lässt sich der genannte Mangel durch eine qualitative Fehleranalyse und eine qualitative Beurteilung der Rechentechniken. Wir setzen dafür das von Herrn Dr. Wehrmann im Rahmen seiner Dissertation an der Humboldt-Universität zu Berlin entwickelte informelle Testverfahren QUADRIGA (Qualitative Diagnostik Rechenschwäche im Grundlagenbereich Arithmetik) ein, welches für Grundschüler gleichermaßen anwendbar ist wie für Schüler weiterführender Schulen. Dieses baut im Wesentlichen auf der Methode des „lauten Denkens“ auf. Hier gibt der Proband Auskunft über seine Rechenwege und ggf. seine konkretistischen Techniken, so dass sich subjektive (falsche oder umständliche) Algorithmen und begriffslose Lösungswege ermitteln lassen. Aus den angewandten Rechentechniken und den subjektiven Algorithmen lassen sich – verglichen mit dem mathematisch sachlogischen Vorgehen – Rückschlüsse auf das Verständnis mathematischer Inhalte und Operationen erzielen. Dadurch werden Lerndefizite (hier spezielle Wissensmängel um mathematische Abstraktionen sowie unlogische Verfahrenstechniken: Zählen statt Rechnen) sichtbar und die Systematik der Rechenfehler lässt sich aufschlüsseln und erklären.

Neben die Interview-Technik des „lauten Denkens“ treten noch die Verhaltensbeobachtungen von Mimik, Gestik und Körpersprache, die Rückschlüsse darüber zulassen, ob die Kommentare der Probanden die wirkliche Vorgehensweise treffen. Dazu kommt die Methode, die wir die „Beobachtung des konkreten Handelns mit mathematisch strukturierten Veranschaulichungsmitteln“ nennen. Dahinter verbirgt sich eine qualitative Analyse der Handlungstechniken auf der konkret-handelnden Ebene. Rechenschwäche lässt sich häufig bereits auf der Handlungsebene als apraktische Umgangsform mit Veranschaulichungsmitteln nachweisen.

Auf diese Weise entsteht eine differenzierte qualitative Profilierung der Rechenschwäche, was insbesondere für die Rechentherapie im Sinne der Prozessbegleitung von größter Bedeutung ist. Die Therapie kann gezielt dort ansetzen, wo die mathematischen Probleme des Probanden beginnen.

Vielfach erscheinen große Zahlen den rechenschwachen Kindern als mehrziffrige Gebilde ohne logischen Zusammenhang.

Lehrer(innen) und Mitarbeiter(innen) von Beratungsstellen können im Vorfeld mit dem Symptomkatalog vom Arbeitskreis des Zentrums für angewandte Lernforschung erste Anhaltspunkte für eine mögliche Rechenschwäche sammeln.


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